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Und wenn man es übertreibt…?

geometrisch oder konstruiert
oder beides

Jaja … stimmt schon … gute Schrift soll so schlicht wie möglich sein.

… zum Beispiel die Constroke

Die Idee hinter dieser Schrift: Buchstaben nach geometrischen Prinzipien zu konstruieren – ohne die zwangsläufig dabei entstehenden optischen Un­gleichgewichte und un­schönen Ver­dickungen zu korrigieren.​

Also den waag­rechten Strich bei E und H wirklich in der Mitte platzieren, anstatt ihn wie in »guter« typo­graphischer Manier ein wenig nach oben zu nehmen.

Und beim E sind alle drei Querstriche gleich lang belassen.

​Das wesentliche Merkmal der Constroke ist die gleich­mässige Strich­stärke.

Vor allem in den kräftigeren Schnitten ergeben sich dadurch regelrechte »Kleckse« an den Zusammen­läufen zweier Striche wie etwa bei n, m, w und so weiter.

Die dickste Strich­stärke in der Constroke ist allein durch das kleine e mit seinem Quer­strich in der Mitte vorgegeben, das ohne optischen Ausgleich ab einer gewissen Strich­stärke zum schwarzen runden Punkt zusammen­schmelzen würde.

Es ist nicht unserer vermeintlich ach so „modernen” Gegenwart geschuldet, dass gute Regeln keine Bedeutung mehr hätten. Aber sie entfalten ihre Wirkung eben auch nur unter bestimmten Voraus­setzungen. Wenn man Schrift einmal schräg und von der Seite betrachtet, dann ist es plötzlich egal, ob und wie ausge­glichen die Zeichen sind.  Die Verzerrung, die wir dann wahr­nehmen, lässt alle künstlerischen und hand­werk­lichen Bemühungen sinnlos erscheinen.  Ein schräg betrachtetes O ist einfach nur ein verzerrtes Oval, egal ob es optisch korrekt ein wenig höher als breit gezeichnet wurde, ob der Grund­strich ein wenig dicker ist als der Haarstrich.  Bei den geraden Formen ist der Effekt sogar noch deutlicher: schräg betrachtet erscheint der Unter­schied in der Strich­stärke absurd umgedreht, es wirkt dünn, was gerade noch dick war, und dick, was eigentlich dünn sein sollte.

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Ein weiteres typisches Merkmal fast aller geometrischen Schriften ist das runde kleine a.

 

Ein echter Kreis wirkt optisch breiter als hoch, was normaler­weise bei der Gestaltung der Zeichen ausge­glichen wird.

Nicht so in der Constroke.  In ihr sind die kreis­runden und damit etwas zu breiten Buch­staben a b c d e g o p q das charakteristische Erkennungs­merkmal im Vergleich zu anderen serifen­losen Schriften.

​Die runden Formen sind auch wirklich kreisrund.

Und dann habe ich auch noch die typo­graphische Grund­regel ignoriert, die da besagt, dass die senk­rechten „Grundstriche” dicker zu sein haben als die waag­rechten „Haarstriche”, um für unser Auge gleich stark zu wirken.

​Auch die sicht­bare Verdickung, die entsteht, wenn zwei Striche sich kreuzen oder zusammen­laufen, wird in der Constroke einfach so hingenommen.

Aber nicht nur theoretische Über­legungen liessen mich gegen die guten alten Regeln verstossen.  Die reine Lust am Regel­verstoss, das Ignorieren vermeintlicher Notwendig­keiten wie z.B. „Ink Traps” ermöglicht ein unge­zwung­enes Heran­gehen an das Zusammen­fügen der Zeichen aus wenigen geo­metrischen Grund­bausteinen.

Das lateinische Wort für gleichbleibend [constans] und der englische Begriff für die Strichstärke [stroke] ergeben in ihrer Kombination den Namen Constroke für diese Schrift.

Constroke PDF

Ich fand letztend­lich hinreichend unter­schied­liche Lösungen für sämtliche Buchstaben des Alphabets und die Ziffern.  Eine solcherart konstruierte Schrift muss nicht wirklich gut lesbar sein.  Daher verzichtete ich auch auf die Gestaltung von Kleinbuchstaben.

 

Der Font Fundstueck enthält dennoch einige unter­schiedliche Formen in der Belegung von Gross- und Klein­buchstaben.  So wird das Schriftbild ein klein wenig ab­wechs­lungsreicher.

Die Fundstueck enthält nur das Alphabet und die üblichen west­europäischen Akzente (ohne die skandinavischen).  Auch an Satzzeichen sind nur die allernötigsten enthalten.

übrigens: die „Klein“-Buchstaben mit Akzenten und Umlauten bleiben zwischen Grundlinie und Versalhöhe.  So entstehen wunderbar bandartige Zeilen.

Fundstueck PDF

… zum Beispiel die Fundstueck

Inspiriert von einem rostigen
Stück Blech entstand eine rohe
aber dekorative Schrift.

Rostiges Blech-E

»Schrift kann
so einfach sein.«

 

Dieser Gedanke kam mir,
als ich auf dieses rostige
Stück Blech aufmerksam
wurde.  Nur wenige
Zentimeter gross, konnte ich
mir nicht vorstellen, welchen Zweck
es eigentlich haben könnte.

In meinen Augen war es aber auch ein E, sogar ein wohlpropor­tioniertes: ein Seiten­verhältnis von schätzungs­weise
2 : 3, fetter und feiner Strich im Verhältnis
1 : 2 – ob sich auf dieser Grundlage wohl noch mehr Buchstaben
gestalten lassen würde?

 

Gedacht – getan.
Die Form ist auf der
Einheit 5mm aufgebaut.

Der auffällige dicke
mittlere Strich des E
legt nahe, auch bei
den anderen Buchstaben
die Betonung nicht unbedingt auf den gewohnten Grundstrich zu setzen.  Nur ganz ohne schräge Striche geht es dann doch nicht, soll die Schrift einiger­massen lesbar sein. 

… zum Beispiel die
Chiq

Der Name deutet es schon an:
die Chiq geht auf eine berühmte System­schrift aus Apples
klassischem Betriebs­system
Mac OS zurück.

Mit der Überarbeitung und Erweiterung der guten alten „Chicago“ möchte ich diesen 80er/90er-Jahre Tech-Charme auch für die Zukunft verfügbar machen.

Einfach einfach

 

Auch die Idee, eine Schrift zu schaffen, deren Vektoren möglichst einfach konstruiert sind, spielte eine Rolle.  Denn das Aussehen von digitaler Schrift wird mit mathematischen Vektoren beschrieben, und diese Vektoren sind definiert durch eine Anzahl von Eck- und Kurvenpunkten – den Ankerpunkten. Und manche technischen Anwendungen verlangen auch heute noch nach einer möglichst simpel definierten Schrift mit möglichst wenigen Ankerpunkten.

Die Formen der Chiq sind nach einem ganz simplen Prinzip konstruiert.​  Der Kontrast von Grund- und Haarstrichen ist zu den fetteren Schnitten hin immer stärker ausgeprägt.

 

Wenige Grund­formen sind das Gerüst für alle Zeichen

 

Die Formen sind sehr regelmässig und bilden zum Teiletwas ungewohnte Figuren, was der Lesbarkeit abträglich ist und die Schrift eher ungeeignet für lange Textpassagen macht, dafür aber zu einem sehr gleichmässigen Schriftbild führt.

 

Besonders gilt das für die extrabreite UltraExpanded, die so breit ist, dass man gar keine Wortbilder mehr erkennt, sondern regelrecht buchstabieren muss. So werden aus Wörtern Buchstaben-bänder mit grossem dekorativem Effekt.

 

Eine ausgewachsene Familie

 

Mit Varianten von Light bis Black, von Normal bis Ultra Expanded und dazu den Kursiven ist die Chiq deutlich über ihren Vorbild-Font hinausgewachsen.

Das erschliesst ihr ein breites Einsatz-spektrum.

Sie ist dabei noch klarer, noch nüchterner, spricht gewissermassen eine noch modernere Formensprache.

Die Chiq ist auch ein variabler Font!

Das bedeutet, es gibt nicht nur die gewohnten einzelnen Schnitte – für jede Variante eine Font-Datei, sondern bei Verwendung des variablen Fonts hat man sämtliche Variationen in einem einzigen Font zur Verfügung.  Und auch jede Zwischenstufe lässt sich damit erzeugen und darstellen – vorausge-setzt, die Software unterstützt dieses noch junge Schriftenformat.

Schattenschrift und Layer-Font

 

Die Shad ist der nahezu unleserliche Cousin der Chiq.

Sie besteht – wie der Name schon andeutet – aus den Schatten der Buchstaben.  Und der fällt umso stärker aus, je fetter der Schriftschnitt ist.  Die Light hat also nur einen entsprechend „leichten“ Schatten, während die Black einen sehr tiefen, breiten Schatten wirft.

 

Anders als die Chiq gibt es die Shad deshalb auch nur als »statische« Fonts (einzelne Font-Dateien für jede Variante).  Aufgrund der unterschied-lichen Geometrie der verschieden starken Schatten ist ein variabler Font technisch leider nicht machbar.

Die Shad besteht nur aus den Buchstabenschatten, der dazu-gehörige Buchstabe bleibt trans-parent, also ohne Füllung.

Die »Metrics«, also die Abstände und Zeichenbreiten, entsprechen denen der Chiq, so dass man auch beide Fonts deckungsgleich übereinander platzieren kann.

Beim Kombinieren und Spielen mit den beiden Schriften enstehen schnell sehr reizvolle Effekte.

Typografie mit der Shad bringt auch einmal etwas 3D auf die Fläche.

Chiq & Shad PDF

… zum Beispiel die Guhly

Eine moderne Serifenlose
– nüchtern, konstruiert,
je größer desto schöner

Das Design einer Shampoo-Flasche stand Pate für diesen serifen­losen Display-Font.  Die Dimensionen der Schrift beruhen sämtlich auf dem
Faktor 10.

 

Das durchgängige Konstruktionsprinzip führt zu schlanken Formen und fast gleichbreiten Zeichen.  So wirkt die Schrift sehr gediegen, ist dafür aber in längeren Texten auch nur schwer lesbar.​​

Neben der „normalen“ GUHLY Regular gibt es noch die beiden Schnitte GUHLY Light und GUHLY Bold, wobei jeweils nur die vertikalen Striche [GUHLY Light] beziehungs­weise die horizontalen [GUHLY Bold] in ihrem Gewicht verändert wurden.

So ergibt sich ein eigen­williger Schmuck­effekt, der entfernt an alte Zirkus- und Western­schriften erinnert.

Die Version GUHLY Book ist in den Minuskeln optimiert, so dass sie für längere Texte in kleineren Schrift­graden geeignet ist – schliesslich kann es ja einmal vorkommen, dass man auch etwas mehr Text über die Headline hinaus lesen soll…

Guhly PDF

Markante, mit Kreisbögen klar konstruierte Elemente bestimmen vor allem in den Binnenformen das Erscheinungs­bild der Schrift.  In erster Linie ist die GUHLY denn auch als Versal­schrift konzipiert – für allerlei werbliche Zwecke, Schlagzeilen und überschriften.

 

Zu einer funktionstüchtigen Schrift gehören aber auch Klein­buchstaben, und es gibt Minuskeln und einige Ligaturen für manche „kritischen“ Buch-staben­verbin­dungen sowie Alternativ­formen für die Buchstaben K (bzw. k), V (v) und o.

 

Als dekorative „Zugabe“ entählt die GUHLY-Familie den „normalen“ Schnitt auch noch in 2 Varianten:
  zum einen die GUHLY Cutout – das sind Buchstaben ohne Binnenräume, als ob die Buchstaben ausgeschnitten wären, und die Binnen­flächen heraus-gefallen sind;
  und zum anderen die GUHLY Stencil – wie der Name schon sagt eine Schab-lonen­schrift mit den typischen Stegen, die einer Schablone den nötigen Zusammenhalt geben.

ingoFonts’ geometrische Schriften…

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